»Pflanzenschutz bringt nicht nur Vorteile«
Imker [ Friedrich Schalte-Reh zu EU-Verbot und Fehlentwicklungen ]
Das geplante EU-weite Verbot der Neonikotinoide in der Landwirtschaft zieht Kreise. In einem Arbeitspapier der EU-Kommission heißt es, dass von dem Pflanzenschutzmittel „ein akutes Risiko für die Bienen ausgehe“. Dagegen wehren sich Hersteller und Bauern. Die Imker sehen es eher positiv.
Zollernalbkreis. »Die Pflanzenschutzmittel bringen für die Landwirtschaft nicht nur Vorteile«, sagt Friedrich Scholte-Reh.» Sie haben auch Nebenwirkungen. Und es gibt keine Lebewesen, die in der Masse so eng aufeinander sitzen wie die Bienen. Sie übertragen Krankheiten und auch Nervengifte - die Neonikotinoide - auf den ganzen Stock. «Ein Totalverbot der Pflanzenschutzmittel sei aber nicht unbedingt der richtige Weg, meint, der Vorsitzende des Imkervereins Balingen-Geislingen- Rosenfeld mit derzeit mehr als 200 aktiven Mitgliedern, Tendenz steigend. 500 bis 600 Imker gebe es im Kreis, weiß er. Hinzu kämen ab und zu noch Wanderimker. Auf der Zollernalb. wo die Imkerei geradezu »boomt«, seien die Pflanzenschutzmittel nicht wirklich ein Problem. Hier gelte es mit den Bauern zu reden, festzulegen, wann Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden können, ohne den Bienen zu schaden: »Nach Sonnenuntergang, wenn sie nicht mehr fliegen. Leider hält man sich nicht dran.« Andererseits bedeute es, dass die Ernte darunter leide, wenn nicht mehr bestäubt werde. Ganz anders sehe es in Oberschwaben. Ravensburg, Biberach oder den neuen Bundesländern aus, wo es zum Teil riesige landwirtschaftliche Flächen gebe. Allgemein werde auf eine Intensivierung der Landwirtschaft und Monokulturen von April bis September gesetzt: »Die Rapsblüte dauert normalerweise 14 Tage. Aber auch die Landwirte unterliegen Zwängen. Jetzt wird Raps angebaut, der nur sieben bis acht Tage blüht. Dort muss man schon im Mai zufüttern, denn die Bienen
finden nichts mehr.«Aber die Pflanzenschutzmittel sind laut Friedrich Scholte-Reh nicht das einzige Problem. Mais werde angebaut, der genetisch angepasst ist, die Wiesen würden geschnitten, bevor sie blühen, und in den Gärten in der Stadt werde Woche für Woche gemäht und vertikutiert. Zuweilen würden sogar Folien eingezogen, die mit Schotter bedeckt werden, »damit dort ja nichts wächst, «Dabei seien gerade der Löwenzahn, der Klee und die Brennnessel für Bienen und Schmetterlinge wichtig. » Die Forsythie bringt gar nichts, die heimischen Pflanzen sind viel wertvoller,« Kein Verständnis hat er für Nachbarn, die das Summen aus dem Bienenstock als Lärmbelästigung empfinden: »Man kann alles übertreiben«, sagt er. Der Natur müsse man mehr freien Lauf lassen, meint der leidenschaftliche Imker, der sich auch um die Bienen auf dem Dach des Landratsamts kümmert: »Das heißt, dass man nicht jeden Randstreifen umpflügen sollte. Und im eigenen Garten sollte man vor Wintereinbruch nicht mähen.
Erst im Frühjahr wieder. Und um den Komposthaufen ein paar Pflanzen stehen lassen.«Ob der Klimawandel schuld sei an den extremen Wetterphänomenen, die auch den Bienen zu schaffen machen? Schelte-Reh glaubt es nicht. Extreme, sagte er, habe es schon immer gegeben. Bekanntlich könne man Themen auch totreden. Tatsache sei: Verluste durch die Varroa-Milbe oder andere äußerliche Bedingungen würden vor allem die älteren Imker melden, »die imkern wie vor 30, 40 Jahren«, Die Jüngeren wüssten hingegen genau, was man gegen die Milbe tun muss und wie man seine Bienen vor Umwelteinflüssen schützt.
Bienen-Sauna gegen die Milbe? Davon hält er nichts: »Das ist Hokuspokus. Es gibt bessere Methoden. Von dem, was seine Vereinsmitglieder tun, ist er überzeugt:
Honig sei ein sauberes, hochwertiges Produkt, bei dem es eben gewisse Spielregeln einzuhalten gebe, sagt er. »Alles andere muss die Politik, müssen die Interessenverbände klären.« Um Nachwuchs braucht sich sein Verein - der größte Imkerverein im Zollernalbkreis - keine Sorgen zu machen: Auf der Warteliste für nächstes Jahr seien bereits 30 Nachwuchsimker.
»Imkerei«, sagt Friedrich Schelte-Reh, »Ist das tollste Hobby auf der Welt.«